Sommerfrische

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Romario
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Sommerfrische

Beitrag von Romario » 13.01.2020, 16:01

Hallo mein Freund!

Also ich leg mal los mit einer kleinen Geschichte aus den frühen 80er Jahren – genauer gesagt aus dem Sommer 1982. Ich war 12 und wir waren 6 Wochen auf „Sommerfrische“ in der Steiermark – in Wahrheit waren wir im Gewerkschaftsheim der ÖBB im 4BettZimmer mit Mama und Schwester – mein Vater war in Wien arbeiten und kam nur am Wochenende vorbei. Die Sommer waren heiss und das Freibad gleich neben dem Gewerkschaftsheim – ein Traum.

Aber das Beste war das nahe Bacherl (der Pfaffenbach) – voll mit dicken Forellen. Ich habe damals bereits an der Donau gefischt – meist auf Karpfen oder Hecht aber Forellen aus einem „Gebirgsbach“ waren mir neu. Natürlich wollte ich eine fangen. Doch mein Vater ahnte bereits mein Ansinnen und sagte: „Brauchst garnet schaun, da kannst und derfst net fischen Punkt.“
Immer wenn mein Vater „Punkt“ sagte war ich noch mehr motiviert. Das Problem war nur, ich hatte weder Rute noch Haken oder sonst irgendwas dabei.
Doch meine Zeit sollte kommen ...

Irgendwann fuhren wir aus dem Dorf in eine nahe Stadt (ich glaub es war Weiz) und meine Mutter ging Einkaufen – in ein echtes Kaufhaus von Damals wo du alles kaufen konntest vom Mehl bis zum Tischtennis-Schläger. Und zufällig auch Angelhaken. Meine Mutter war etwas unaufmerksam und schon waren die Haken und ein 100er Peryl (100m feinste (speib gleich was das für eine Gummischnur war) Mono von Balzer) im Einkaufssackerl. Und auch schon in meiner Hosentasche.
Der erste Sieg.

Der zweite kam als es zu regnen begann und nicht mehr aufhörte. Nach drei Tagen waren die Strassen übersäht von Regenwürmern, die ich einsammelte und in einer Dose voller frischer Erde im kühlen Keller des Gewerkschaftsheims verwahrte.
Und dann kam der Tag, besser gesagt der Morgen an dem meine Stunde schlug.

Ich war schon immer ein Frühaufsteher und daher ging ich damals immer so ab 6 Uhr Eierschwammerl-Suchen – doch nicht heute.
Mein Weg führte mich zum Pfaffenbach und zu einem vielleicht 1m hohen Wehr. Darunter ein „Pool“ von vielleicht 2x2m und ca. 1m tief. Vor dem großen Regen war der Bach glasklar und am Kiesgrund sah man die schwarzen Schatten.
Heute war das Wasser trüb und dreckig. Ideale Bedingungen.

Ich hatte die Schur an eine klassische Handangel (Stock massiv, 8-10cm lang) gebunden. Direkt auf der Hauptschnur (ca 10m lang) der Haken. Als Blei benutzte ich eine aufgeschnittene Schrotkugel. Wurm drauf – geht scho!
Und wie: Eine Stunde später hatte ich drei dicke Bachforellen gefangen und machte mich stolz wie Oscar auf den Heimweg.
Bei uns gabs diesen Abend kein Gewerkschaftsessen, sondern Forelle gegrillt 8)

Übrigens: Am gleichen Abend verlor „mein“ Brasilien (mit Socrates, Zico, Falcao etc.) das Halbfinale bei der WM 82 gegen Italien. Mein Fußball-Herz war gebrochen. Aber mein Anglerherz umso vitaler

Greets
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Re: Wie es früher war

Beitrag von Lupus » 14.01.2020, 07:28

Sehr nette Geschichte, @Romario.

Ja, Gewerkschaftsheime waren damals glaube ich ziemlich in. Auch, dass die Herrn Väter in der Stadt arbeiten mussten und nur über´s Wochenende zu den in den Ferien weilenden Frauen mit Kindern fuhren.

Das war aber auch in den herrschaftlichen Familien so, ich meine sagen wir Industriellenadel um 1900, wo Frau und Kinder auf den Semmering geschickt wurden (in´s legendäre Hotel Panhans), und der Herr Vater kam nur am Wochenende.

Übrigens bei 100er Peryl hätte ich an was anderes gedacht. Nicht an die Länge, sondern an die Stärke. Zu einer Zeit, als es noch keine Geflochtene Schnur gab, war Monofile Schnur tatsächlich teilweise in Stärken bis 1mm Durchmesser erhältlich und wurde 100er Peryl genannt.
Ich selber hatte ein 100er Peryl auf meiner Schlepprolle. Das ist jene Schnur von der das schwere 500g Schleppblei hinunterhing. An den Seitenarmen waren die Fangschnüre mit den Blinkern.

Ich kann bei dem Thread zwar vielleicht das eine oder andere hineinwerfen, aber mit Geschichten geht das glaube ich nicht. Wenn ich eine Geschichte schreibe so in der Art wie die mit den Flusskarpfen und der schönen Müllerin, dann ist die ziemlich lange und hat schon ihre 3 Teile. Ich hätte noch die eine oder andere Geschichte, aber in einem Sammelthread geht sowas leicht "unter".
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grusteve

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