Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

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grusteve
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Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von grusteve » 05.02.2020, 18:41

Angeregt durch den netten Thread von Trickyfischer möchte ich meine „erste Hechtgeschichte“ vorstellen.
Es war Sommer 1961, ich war nun 14 Jahre alt und hatte endlich eine eigene Fischerkarte für ein Donaurevier hier in Enns. Natürlich war ich schon vorher jahrelang mit meinem alten Lehrmeister fischen gegangen und ich hatte sogar eine Karte gehabt aber die war auf meinen niemals fischenden Vater geschrieben gewesen. „Damit er halt ein Büchl mit hat“, war der Sinn des Ganzen. Ich hatte auch schon ein paar Hechterl gefangen, doch da das Brittelmaß damals bei 40 cm lag, waren das unglückselige Jünglinge gewesen, die damals aber alle trotzdem in der Pfanne landeten.
Nun aber ging ich auch allein fischen. Es war ein sehr heißer Sommertag und eigentlich ein recht schlechter Zeitpunkt für den geplanten Hechtenfang, so um 14 Uhr. Andererseits war das Wasser gestiegen und der Altarm war ja mit der Donau verbunden, was wiederum günstig erschien.
Der Köder war ein großer Gründling, der am Rücken mit einem Drilling gehakt wurde, ein mords Korkstoppel vervollständigte die Montage am 45-er Peryl. Das damals allgemein verwendete klobige Stahlvorfach verwendete ich nicht, ich bastelte mir ein Vorfach aus 3-fachem Peryl. Nicht wirklich passte zu meinem Zeug die wunderschöne neue Vollglasrute und die Trixi B, beide hatte ich von meinem „reichen Onkel“ aus Deutschland bekommen. Und da saß ich nun schwitzend in der Sonne, als plötzlich der Stoppel unterging, ja fast schnalzend, ganz schnell abtauchte. Mit einem Zwillingshaken hätte man nun elendslang gewartet - die berühmte Zigarettenlänge - doch mit dem Drilling schlug ich gleich an. Und da war etwas am anderen Ende, welches sicher um einiges größer war als meine bisherigen Hechte.
Ungerührt aber drillte ich ihn mit meinem groben Zeug heran und landete ihn irgendwie -einen Kescher hatte ich nicht mit. Es war ein extrem schlankwüchsiger, echter Donauhecht - kein dicklicher „Lackenhecht“, sondern so mit ca. 75-78 cm und exakt 2,85 kg. Eigenartig war damals, dass in Fischerkreisen immer nur das Gewicht und nicht die Länge zählte.
Er gab ein richtiges Festmahl ab und den Schädel wollte ich präparieren, so begeistert war ich von meinem Fang. Allerdings eine echte Präparation kam nicht in Frage, mit Formalin usw. Nein, ich spreizte das Maul auf und legte den Kopf auf dem Dachboden dicht unter die Dachziegel - dort hatte es im Hochsommer sicher 45-50 Grad.
Nächsten Tag war er schon etwas trockener und roch auch schon recht streng, was sich von Tag zu Tag vermehrte. Nun stank es auch schon in der Mansarde etwas. Vater machte sich nun auf die Suche nach der Ursache und fand auch bald meine Präparieranstalt. „Du bleda Bua du, grad dass i mi net angspiebn hob!“
Der Schädel war aber schon ziemlich eingetrocknet und ein echter Präparator hätte natürlich den Kopf geschüttelt - das Maul völlig verzogen und die Augen ganz vertrocknet - doch ich war trotzdem mächtig stolz auf ihn. Es fand sich auch ein Platz, wo er fertigtrocknen konnte, und dann lackierte ich ihn farblos, schrieb fein säuberlich auf einem kleinen Karton genau alle Daten auf und bastelte sogar ein Bretterl zum Befestigen des Kopfes und des Kartons.
…Und dann geriet er irgendwann im Lauf der Jahrzehnte in Vergessenheit und schaut heute recht bedauernswert und mieselsüchtig aus, am meisten ärgert mich das verlorengegangene Kartonkarterl, weil ich hab wirklich alles genauestens eingetragen, Gewicht, Länge, Datum, Temperatur, Wetter, Fangplatz,Köder,usw. usw.
Doch nicht nur der Hechtenschädel hat die Zeit überdauert, sondern auch der Stoppel ist von damals, später einmal wurde er etwas „modernisiert“ zum Laufstoppel.
Ja und wenn man den Kopf richtig fotografiert, hat der Hecht sogar ein blaues Auge.
Die unverwüstliche Rute im Verein mit der legendären Trixi ist sogar noch einsatzfähig, recht schön sind beide aber nimmer.

LG von grusteve(Stefan)
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Re: Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von rob gone fishing » 05.02.2020, 19:40

sehr schöne geschichte, dafür danke! lg
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Re: Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von Lupus » 06.02.2020, 06:17

Was für eine tolle Geschichte bekomme ich da schon am Morgen zu lesen.

Ich musste gleich mehrmals schmunzeln, weil sich vieles mit meinen Eindrücken von früher auch deckt:

Alle Fische, egal ob Karpfen, sonstiger Friedfisch, Raubfisch oder Salmonide, es zählte damals NUR das Gewicht.

Als ich meinen ersten Hecht fing, der das Maß hatte, sagte auch der Herr Forstaufseher, der gerade vorbeikam, " brav Burscherl, aan-ahoib Kilo (1,5) wird er scho´ hob´n " .

Als in den ersten Forumszeiten die ersten Fangberichte auftauchten (damals noch ganz selten nur mit Foto) , wunderte ich mich zunehmendst, warum so viele jüngere immer nur die Zentimeter angeben.

Da dachte ich mir "wozu Zentimeter"? Die Zentimeter interessieren mich nur bei der Frage ob maßig oder nicht, ansonsten ist das Zentimeterband für den Schneider der die Hose weiter macht.

Da dachte ich mir auch "neumodischer Unfug", und inzwischen sag ich auch Zentimeter.

Nur beim Karpfen bin ich bei den Pfunden geblieben, so stand´s immer damals, und da kann ich mir nicht mehr abgewöhnen.

Ganz toll auch das Gerät:
Ähnliche Geräte habe ich ja auch, und sie sind noch einsatzfähig.

Und lachen musste ich auch bei dem Stoppel: Genau solche hatte ich auch, und genauso wie Du funktionierte ich sie später in "Laufstoppeln" um.

Toll auch, wie der Hechtkopf über die vielen Jahrzehnte gehalten hat.
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Re: Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von julius.b » 06.02.2020, 08:19

:la ola: :la ola: :la ola: :la ola:
Großer Applaus Stefan!
Vielen Dank fürs Mitnehmen auf die Reise in deine Jugend und zurück - großes Kopfkino. :up2:
Ja, der erste "richtige" Hecht ist schon etwas besonderes und ganz viele Fischer in unseren Breiten merken sich die Geschichte dazu ein Leben lang.
Dass du den Schädel samt Stoppel und Gerät auch noch hast ist überaus bemerkenswert und spiegelt die persönliche Bedeutung des Fanges wider.

Einen interessanten Aspekt find ich diese Kg Geschichte.
Ich fisch nun auch schon ein paar Dekaden lang, aber bei uns hab ich nie jemanden -
auch die damals alten nicht - von kg reden gehört, da war ausschließlich das Längenmaß präsent.
Umso abstruser kam es mir dann vor, als ich als junger Bursch dann mal in einem DAM-Katalog zum ersten Mal Gewichtsangaben
von Karpfen las, diese auch noch in Pfund, aber keine Hinweis auf die Länge.
Detto, als ich mir irgendwann mal die paar Schillinge für ein Blinker zusammengkratz hab und
da dann von 20-Pfündern berichtet wurde - die damals noch eine utopisch hohe Marke waren.
Aber wieder nix mit Länge. War mir suspekt.

Vielen Dank und schönen Gruß
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Re: Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von grusteve » 06.02.2020, 18:04

Dankeschön für eure netten Antworten!
Ich glaub, ich hab eigentlich nur niedergeschrieben, was fast jeder Fischer bei seinem ersten schöneren Hecht irgendwo so ähnlich erlebt hat.
Lupus hat geschrieben:
06.02.2020, 06:17
Da dachte ich mir auch "neumodischer Unfug", und inzwischen sag ich auch Zentimeter.

Nur beim Karpfen bin ich bei den Pfunden geblieben, so stand´s immer damals, und da kann ich mir nicht mehr abgewöhnen.
Ich glaub halt, dass man sich beim Karpfen mit kg mehr vorstellen kann, ein 60-er hat vielleicht nur gut 3 kg und der andere aber 5 kg.
julius.b hat geschrieben:
06.02.2020, 08:19
Einen interessanten Aspekt find ich diese Kg Geschichte.
Ich fisch nun auch schon ein paar Dekaden lang, aber bei uns hab ich nie jemanden -
auch die damals alten nicht - von kg reden gehört, da war ausschließlich das Längenmaß präsent.
Andere Länder, andere Sitten, Jürgen ? :lol: :lol:
Könnte es auch sein, dass das Abmessen in Zeiten des C&R für die Fische schonender und schneller ist als das Abwägen?

LG
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Re: Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von julius.b » 07.02.2020, 08:55

grusteve hat geschrieben:
06.02.2020, 18:04
Andere Länder, andere Sitten, Jürgen ? :lol: :lol:
Könnte es auch sein, dass das Abmessen in Zeiten des C&R für die Fische schonender und schneller ist als das Abwägen?
In Anbetracht dessen, dass bei uns C&R per LFG garnicht erlaubt ist und auch nicht war, schließe ich so einen Zusammenhang aus.
Ich glaub eher, dass es helvetische Einflüsse sind, die auch sonst in unseren Gepflogenheiten verbreitet sind.

Schönen Gruß
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Beitrag von grusteve » 07.02.2020, 10:44

julius.b hat geschrieben:
07.02.2020, 08:55
grusteve hat geschrieben:
06.02.2020, 18:04
Andere Länder, andere Sitten, Jürgen ? :lol: :lol:
Könnte es auch sein, dass das Abmessen in Zeiten des C&R für die Fische schonender und schneller ist als das Abwägen?
In Anbetracht dessen, dass bei uns C&R per LFG garnicht erlaubt ist und auch nicht war, schließe ich so einen Zusammenhang aus.
Ich glaub eher, dass es helvetische Einflüsse sind, die auch sonst in unseren Gepflogenheiten verbreitet sind.

Schönen Gruß
Da hast du natürlich recht, du echter Alemanne ! !
Ich glaub halt, dass manche Fisch zuerst nach dem Maßband und andere wiederum nach der Waage "schreien".

LG
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Re: Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von Lupus » 07.02.2020, 17:19

Trotzdem, in meiner Kindheit und Jugend war auch bei Fischen, die heute eher nach Längen angegeben werden, die Kiloangabe üblich.

Man sagte "a Zwaakilohechtn" und nicht "ein 65 cm Hecht. Obwohl Fische praktisch nie gewogen wurden, das schätzte man einfach.

Und bei angeeigneten Fischen muss man sowieso das ungefähre Kilogewicht angeben, denn was ausgefangen wurde, muss für den Bewirtschafter ja in Kilo ersichtlich sein, denn ich kann nicht Hechte oder Zander nach "Laufmeter" wie beim Holz nachbesetzen.

Ich kann mich aber auch genau erinnern, der erste, der schrieb, dass zum Beispiel Hechte in Zentimetern gemessen werden, war der Holländische Hechtpapst Jan Eggers. Er schrieb, dass im Gegensatz zu Deutschland und Österreich Hechte dort in Zentimetern gemessen werden. Und in Holland wurde schon damals viel C&R bei Raubfischen betrieben, für uns damals in den 70ern noch undenkbar.

Damals dachte ich mir, komisch die da drüben "im Westen", wir bleiben wir.

Heute finde ich es gut. Ich lasse viele Räuber zwar wieder schwimmen, aber dafür ist dann der entnommene Hecht zur Adventzeit ein besonderes Festessen. Ich freue mich sehr, wenn ich einem schönen Räuber das Leben lassen kann, und ich freue mich aber auch, wenn ich ihn im Rucksack heimtragen darf.
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Re: Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von Kaindlau » 07.02.2020, 20:24

Servus

@Stefan wieder ein super Gschicht'l :danke:

Vielleicht hat die Diskrepanz zwischen cm und kg Angabe damit zu tun, das die Brittelmasse immer in cm angegeben sind.
Und somit mit dem Maßband und nicht mit der Waage gemessen werden soll.

Petri aus Enns
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http://spazio3.com

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Re: Mein erster "schöner Hecht"-anno 1961

Beitrag von grusteve » 08.02.2020, 09:16

Lupus hat geschrieben:
07.02.2020, 17:19
Damals dachte ich mir, komisch die da drüben "im Westen", wir bleiben wir.
Aber auch im Norden, in Tschechien, sind sie ebenfalls ein bisserl anders. :lol:
Der Ausfang ist meistens auf genau 7 kg begrenzt und daher muss man in die Karte sowohl cm als auch Gewicht eintragen. Dafür gibt es in den Richtlinien eine Tabelle z. B. Hecht 60 cm=1,52 kg oder Karpfen 60 cm= genau 3,98 kg und abwägen muss man also gar nicht wirklich. Die Tabelle ist übrigens gar nicht ungenau aber natürlich gerade beim Karpfen kann es schon recht schwanken.
LG
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