Der Onkel Maxl

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Der Onkel Maxl

Beitrag von Romario » 27.01.2020, 14:52

Der liebe Onkel Maxl (mein Großonkel mütterlicherseits) war der erste, der mich zum Fischen mitnahm – noch vor meinem Großvater, der bis dahin dachte, ich würde ihn als 8jähriger nur vom Fischen ablenken.

Maxl war ein echter Wiener. Beschäftigt bei der MA48 (Müllabfuhr) und dort als „Aufleger“ tätig. Das sind die Burschen, die die riesigen Müllcontainer aus den Häusern rausschieben und den Müll in die Wagen leeren. Dementsprechend kräftig gebaut war der Maxl, immer braungebrannt, Bierbauch, laut & freundlich, er kannte jeden und jeder ihn. Aber er war leider auch ein großer Freund des „Weissen“ – am liebsten einen sauren Veltliner – und er war glücklich. Er hat den Wein auch net getrunken, sondern „gebissen“ wie er mir oft versichert hat. Führerschein hatte er keinen. Net notwendig, sein Moperl brachte ihn überall hin, wo er wollte.

Und am liebsten wollte er in seiner Freizeit ans Wasser – vornehmlich an die Donau bei Kritzendorf. Dort saß er dann auf seinem Campingsesserl immer einen Doppler vom feinsten „Brünnerstrassler“ neben sich und fischte auf „die Göbn“. Karpfen waren seines. Und er war der erste echte Tackle-Fetischist den ich kennen lernen durfte.

Er hatte eine 4x4m große Gartenhütte voll bis oben hin mit Ausrüstung – ich schätz mal an die 100 Ruten, sicher ebenso viele Rollen, Taschen, Schwimmerboxen mit unzähligen Schwimmern in allen Grössen, Farben und Formen. Ich schätz alleine sicher tausend Schwimmer, garnicht zu reden von Netzen, Keschern, Daubeln, Setzkeschern und echt allem, was man damals zum Fischen irgendwo kaufen konnte. Ein ganzer Kasten voller Rollen!! Haken – hunderte 10er Packerln in allen Grössen und Formen – vom Köderfisch bis zum Wels. Apropos Wels. Ich vergess nie die Trophäe eines für mich riesigen Welses – der Kopf hing fein präpariert direkt über der Eingangstür – wie mich das Maul und die Zähne fasziniert haben. Jedenfalls war der Maxl meine Rettung beim Fischen, denn er schenkte mir zu meinem 10. Geburtstag zwei Balzer Steck-Ruten (lila gelb - keine Ahnung welche Bezeichnung) inklusive randvollem Zubehörkoffer – unvergesslich. Mein schönster Tag des Lebens.

Was mir auch immer in Erinnerung blieb war ein Ausspruch, der typisch für ihn war. Hatte er einen Biss auf eine seiner Karpfenruten – sprich schnalzte das „Bummerl“ gescheit nach oben, versuchte er sich mühsam und umständlich aus seinem Sessel zu schälen, was bei etwa 110kg Lebendgewicht nicht ganz einfach war. Zuerst das Weinglaserl wegstellen, die Zigarette abdämpfen, dann raus aus dem Sessel ...

Nach einer gefühlten Ewigkeit war er dann bei seinen Ruten und setzte einen gewaltigen Anhieb – meist ins Leere – logisch, wenn man fast eine Minute braucht, bis man endlich anschlägt . Seine Reaktion: „Scheissn – trink an Weissn“! Was er dann auch tat – leider viel zu oft ...

Bei seinem Begräbnis, er starb schon mit knapp 60, waren hunderte Leute, darunter auch viele Fischerkollegen, die Haken, Schwimmer, und weiteres Kleinzeug in die offene Grube warfen. Einer murmelte: „Adieu mei Freind ... und Petri ...“

Ich hab geheult wie ein Schloßhund, denn ich wusste, so einer wie der Maxl kommt nimma wieder. Hoffentlich gibt’s für ihn a gscheites Wasser und an gscheiten Weissen im Himmel. Ich täts ihm wünschen ...
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Re: Der Onkel Maxl

Beitrag von Lupus » 28.01.2020, 06:29

Danke für diese schöne Geschichte.

Ich kann mir nach Deiner Beschreibung den Onkel Maxl richtig vorstellen. Fischte er da bei Kritzendorf in der Donau selber oder in einem Altarm oder Hafen ?
Diesen Typus, den Du beschreibst, gab es früher gar nicht so selten. Und auch die vielen verschiedenen Schwimmer gehörten dazu. Ich habe aus so einem Nachlass auch einmal etliche alte Balsaholzschwimmer bekommen, schön lackiert in verschiedenen Farben.

Meine allererste Rute war übrigens auch eine Balzer-Steckrute aus Vollglas.

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Re: Der Onkel Maxl

Beitrag von Romario » 28.01.2020, 09:01

ha gute frage - das hatte ich fast vergessen "am Stich"!! Schon der Name hat mich fasziniert.
Also er fischte meist am "Durchstich" in Kritzendorf ganz am Anfang, am Donauspitz. War damals noch ein völlig wildes Gebiet und jedesmal ein irres Abenteuer für einen Buam wie mich :)
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